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Von der Ausdrucksfreiheit

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Mario Vargas Llosa, der Nobelpreisträger für Literatur 2010, soll anlässlich des Starts der Buchmesse von Buenos Aires Ende April sprechen. Traditionell hat die »Feria del Libro de Buenos Aires« – mit wenigen Ausnahmen – bekannte argentinische Schriftsteller als Eröffnungsredner eingeladen. Die Entscheidung der die Messe ausrichtenden »Fundación del Libro« fiel dieses Jahr – so der Direktor der Stiftung Gustavo Canevaro – auf Vargas Llosa, weil er die hohe Auszeichnung aus Schweden erhalten habe. Die Einladung blieb jedoch nicht lange unkommentiert.
Horacio González, der Direktor der argentinischen Nationalbibliothek wand sich in einem Brief an Gustavo Canevaro, den Präsidenten der »Fundación El Libro«, und beklagte sich über die Einladung an Vargas Llosa. Mehrere argentinische Schriftsteller und Intellektuelle unterzeichneten einen offenen Brief, in dem sie Vargas Llosa wegen seiner politischen Einstellung scharf angriffen und bedauerten, dass dieses Jahr kein herausragender argentinischer Schriftsteller, die Messe eröffne. Einige der Unterzeichner des offenen Briefes gelten als regierungsnah.
Und da Mario Vargas Llosa in der Vergangenheit die argentinischen Regierung unter Cristina Fernández de Kirchner in Interviews und für die spanische Tageszeitung »El País« verfassten Kolumnen kritisiert hatte, entstand in manchen Medien der Eindruck, als habe die Regierung selbst Einfluss auf die Kampagne gegen ihn genommen. Diese Spekulationen beendete Cristina Kirchner, indem sie Horacio González laut Presseberichten persönlich anrief und auf die »Freiheit des Ausdrucks« pochte. Im Anschluss nahm dieser seinen Brief zurück.
Aufhänger für die massive Kritik an Vargas Llosa ist dessen politische Einstellung. Der peruanische Schriftsteller, der bekanntermaßen in seinen jungen Jahre die kubanische Revolution unterstützte und in seinen frühen Romanen gesellschaftliche Missstände in seinem Land darstellte – war im Zuge der zunehmenden Repression auf der Großen Antilleninsel während der 1970er-Jahre aus dem Chor der Intellektuellen des Doppelkontinents ausgeschert und hatte mit Fidel Castro öffentlich gebrochen. 1990 trat er sogar mit einem ausgewiesen neoliberalen Programm als Präsidentschaftskandidat in seinem Heimatland Peru an – und unterlag. In den vergangenen Jahren kommentierte er vor allem die politische Entwicklung in Venezuela mit der ein oder andere vielleicht auch ungerechtfertigten Spitze. Doch es wäre ein Kurzschluss Vargas Llosa aufgrund seiner Äußerungen als rechten Hardliner zu sehen.
Mario Vargas Llosa äußerte sich inzwischen selbst zu den Vorgängen in Buenos Aires: Er habe ursprünglich nicht vorgehabt bei der Eröffnung der Buchmesse über Politik zu sprechen – die jetzigen Ereignisse würden ihm aber keine andere Wahl lassen. Man darf gespannt sein.


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